Was würde wohl geschehen, wenn wir Menschen uns häufiger mit dem Bewusstsein in die Natur begeben, dass dort unser wahres Zuhause liegt, und nicht in den vier Wänden, aus denen wir kommen?

Welche Wirkung hätte es auf uns, würden wir damit beginnen, beispielsweise einen kompletten Tag pro Woche in den Wald zu gehen, um zur Ruhe zu kommen und nichts anderes zu tun als das Leben dort zu beobachten und uns selbst zu spüren? Das alles wohlgemerkt mit dem Gedanken im Hinterkopf, heimzukommen und nicht nur auf Besuch. Würde das auf Dauer etwas in uns verändern?

Würden sich uns vielleicht völlig neue Perspektiven darüber eröffnen, was es eigentlich bedeutet, auf diesem Planeten zu leben?

Sicherlich hätte es über die Zeit einen Einfluss auf unser Empfinden von Stress und Überlastung. Vielleicht auch auf unsere Sinnfrage oder auf das Gefühl einer gewissen Leere, das wir manchmal mit uns umhertragen.

Ich komme nach Hause in die Natur wie in mein Elternhaus. Lasse die Stadt, das Büro, WLAN und Internet, Termine und Verpflichtungen für eine Weile hinter mir und gehe an den Ort, von dem ich komme. Heim.

Dabei betrachte ich die Natur bewusst nicht als Ausflugsziel, sondern als den Ursprung, zu dem ich zurückkehre. Erlebe sie mit allen Sinnen, mit Haut und Haar. Ich tue das, um nichts anderes zu sein als verbunden mit mir selbst und dem puren Lebendigen, das mich dort umgibt.

Wenn wir das täten, regelmäßig einmal die Woche, einen kompletten Tag lang, was würde da wohl passieren, in unseren Köpfen, in unserem Bewusstsein? Was würde es mit uns machen, wenn wir wieder fortgingen, zurück in unseren Alltag? Welchen Einfluss hätte es darauf, wie wir uns in dieser Welt fühlen? Könnte es sein, dass wir uns über die Zeit von unserem zivili-sierten Leben mehr und mehr entwöhnen würden? Vielleicht wären wir mit dem einen Tag irgendwann gar nicht mehr zufrieden, sondern wollten mehr. Zwei, drei Tage pro Woche oder noch mehr.

Mag sein, wir stellten fest, dass wir eigentlich viel weniger bräuchten, um uns gut und erfüllt zu fühlen, als wir bisher geglaubt haben. Weniger Dinge. Weniger Komfort. Weniger Aktivitäten. Weniger Stimulanzien. Weniger Geld.

Wie lange würde es wohl dauern, bis wir anfingen, unsere Wahrnehmung der Realität in Frage zu stellen und das Gefühl zu bekommen, alles müsste eigentlich irgendwie genau andersherum sein, als es ist? Ich glaube, nicht lange.

Es könnte sein, dass wir es plötzlich wagen, richtig groß zu träumen. Oder dass wir den Ein-druck bekommen, bisher an etwas Wesentlichem vorbeigelebt zu haben. Etwas, das wir in der Natur auf einmal in überbordender Fülle wiederfinden, weil es uns von allen Seiten her anspringt.

Ich könnte mir vorstellen, wir würden sehr bald große Lust auf eine andere Lebensweise bekommen. Auf eine Lebensweise, in der es viel weniger um das regelmäßige Bezahlen von Rechnungen und das Erfüllen gesellschaftlicher Erwartungen an uns geht. Weniger um das perfekt designte Leben oder um schläfrig machende materielle Sicherheit. Dafür mehr um die Dinge, die uns das Gefühl von Sinn, Sinnlichkeit und Wachheit schenken und das Erleben von echter, aus der Tiefe unseres Wesens kommender Begeisterung. Ganz einfache, ursprüngliche Dinge im Grunde.

Vielleicht würden wir über die Zeit merken, wie viel es ist, mit dem wir uns hier draußen in der Zivilisation, fernab von unserem Zuhause, umgeben haben. Zu viel. Und dass uns dieses Zuviel fast erdrückt hätte.

Und dann wäre wenig irgendwann genug.

aus unserem Videoclip „Waldgedanken – Spaziergang nach Hause“

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